Präsentation der ersten Ergebnisse der Münchner COVID-19 Kohortenstudie

Weil viele Menschen kaum etwas von ihrer Corona-Infektion bemerken, bleiben Fälle unentdeckt. Eine Studie beziffert nun die Dunkelziffer für München während der ersten Infektionswelle.

Laut einer aktuellen Studie haben sich bis Juni viermal mehr Menschen in München mit dem Coronavirus infiziert als erfasst wurden. Das ist das Ergebnis einer groß angelegten Antikörperstudie des Tropeninstituts am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Ein Großteil der statistischen Analyse wurde von der AG Hasenauer vom LIMES-Institut der Universität Bonn durchgeführt. Für die Studie wurden rund 3000 Münchner Haushalte repräsentativ, aber zufällig ausgewählt. Den dort Wohnenden wurden Blutproben abgenommen - sofern sie einverstanden und älter als 14 Jahre waren. So kam eine Testgruppe von 5313 Teilnehmern zusammen.

Die Studie ist für München repräsentativ und kann zumindest einen Eindruck geben, wie sich das Virus in anderen deutschen Großstädten ausgebreitet haben könnte. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

  • Bis Juni haben sich laut der Analyse etwa zwei Prozent der Münchner mit dem Coronavirus infiziert – deutlich mehr als bekannt. Offiziell lag der Anteil der gemeldeten Fälle nur bei 0,4 Prozent der Münchner Bevölkerung. Das heißt, nur etwa einer von vier Fällen wurde demnach erfasst.
  • Trotz der hohen Dunkelziffer zeigt die Studie auch: Bisher hat sich nur ein Bruchteil der Münchner angesteckt. Mit zwei Prozent ist Bayerns Hauptstadt – wie sehr wahrscheinlich auch der Rest Deutschlands - noch weit von einer Herdenimmunität entfernt, ab der die Pandemie von selbst abebben würde.  
  • Anhand der erhobenen Daten schätzen die Forscher die Infektionssterblichkeit für München auf 0,76 Prozent. Das heißt, im Schnitt sterben 76 von 10.000 Menschen, die sich mit dem Virus infiziert haben. Der Wert liegt um ein Vielfaches höher als bei der saisonalen Grippe. Die geschätzte Infektionssterblichkeit für die Grippe schwankt zwischen 0,02 und 0,08 Prozent.

Gesamtergebnisse der ersten Erhebungsphase der Prospektiven COVID-19 Kohorte München (KoCo19)

Eine Zusammenfassung der epidemiologischen Ergebnisse der Erstuntersuchung sowie eine Zusammenfassung der Labormethodik zu den Erstuntersuchungen sind jetzt verfügbar. Die Texte sind eine Beschreibung der epidemiologischen Ergebnisse und der verwendeten Labor-Messtechniken der Prospektiven COVID-19 Kohorte München (KoCo19). Diese soll für jeden verständlich die wichtigsten Erkenntnisse erklären. Dabei wird bisweilen vereinfacht und unnötig komplizierte Details weggelassen, um Zusammenhänge besser verständlich zu machen. Für darüberhinausgehende Details wird auf die parallel erstellten wissenschaftlichen Publikationen (auf Englisch) verwiesen, welche demnächst (voraussichtlich im November) erscheinen werden.
Download:

Das KoCo19 Studienteam:
Prof. Dr. Michael Hölscher, Prof. Dr. Katja Radon, Prof. Dr. Christiane Fuchs, Prof. Dr. Jan Hasenauer und PD Dr. Andreas Wieser 
Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin, Center for International Health, Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Klinikum der LMU München; Helmholtz Zentrum München-Deutsches Zentrum für Gesundheit und Umwelt; Technische Universität München, Universität Bielefeld, Universität Bonn