Ein Interview mit dem Transferbeauftragten, Prof. Dr. Günter Mayer, der am LIMES-Institut die Abteilung Chemische Biologie und Chemische Genetik leitet.
Herr Prof. Mayer, Sie sind zum Transferbeauftragten der Universität Bonn benannt worden. Seit wann sind Sie das und was ist Ihre Aufgabe?
Das bin ich seit Mai 2018. Meine Aufgabe, gemeinsam mit anderen Akteuren der Universität, ist die Etablierung und der Aufbau eines Transfercenters an unserer Alma Mater. Transfer wird, neben Forschung und Lehre, zunehmend als dritte Kernaufgabe den Universitäten zugeschrieben. Wissens- und Technologietransfer erfolgt dabei auf verschiedenen Ebenen und Richtungen, aus der Universität hinaus in die Gesellschaft/Wirtschaft, von der Gesellschaft/Wirtschaft in die Universität hinein, aber auch innerhalb der Universität. Um dies zu ermöglichen ist eine zentrale Stelle notwendig, die Aktivitäten und das Wissen darüber bündelt und in einem Netzwerk koordiniert.
Welche persönlichen Erfahrungen kommen Ihnen bei dieser Aufgabe zugute?
Meine eigenen wissenschaftlichen Arbeiten sind teilweise sehr anwendungsorientiert, und ich habe mich schon immer dafür eingesetzt, die erarbeiteten Ergebnisse wirtschaftlich zu nutzen. Daraus haben sich zahlreiche Patente und Interaktionen mit anderen Arbeitsgruppen, aber auch Unternehmen ergeben. Aus diesen Kollaborationen sind Produkte sowie Lizenzvereinbarungen hervorgegangen. Nach meiner Dissertation habe ich bereits geholfen, ein Biotechnologieunternehmen aufzubauen und es mitgegründet. Das heißt, mir sind beide Seiten nicht fremd, die akademische und die unternehmerische, als auch die Anforderungen an Produkte und damit einhergehende IP-Fragen. Zusammen mit Michael Famulok versuchen wir gerade ein weiteres Unternehmen zu gründen, die Clickmer Systems, welches derzeit am Life Science Inkubator (LSI) in Bonn ansässig ist. Darüber hinaus stelle ich meine wissenschaftliche Expertise diversen Unternehmen und Forschungseinrichtung beratend zur Verfügung. All diese Erfahrungen, die ich in den vergangenen Jahren gemacht habe, kommen mir bei meinen Aufgaben als Transferbeauftragter sehr zu gute. Darüber hinaus erfahre ich auch noch sehr viel Neues im Rahmen dieser Tätigkeit, lerne andere Bereiche der Universität kennen - das ist spannend und horizonterweiternd.
Wie kam es dann zur Gründung des Transfer Zentrums enaCom?
Es war eine gemeinschaftliche Anstrengung, von Rektorat, den Personen die sich seit Jahren mit Transferaufgaben an der Universität Bonn im Dezernat 7 befassen und vielen Kolleginnen und Kollegen. Wir sind damit gestartet, ein Transferaudit des Stifterverbandes zu durchlaufen. Dazu gehört ein Selbstbericht, also eine Beschreibung des Status Quo, und eine Darstellung, wo man hin will mit dem Thema Transfer an der Universität Bonn. Im Oktober 2018 erfolgte dann ein zweitägiges Audit, an dem externe Gutachter mit sehr unterschiedlichen Werdegängen beteiligt waren, aus dem akademischen und wirtschaftlichen Umfeld. Dabei wurden alle Facetten des Transfers beleuchtet, unter reger Beteiligung aller Statusgruppen und Fakultäten der Universität. Auch das Rektorat und der Kanzler waren vollständig involviert. Nach diesen zwei sehr intensiven Tagen verfasste der Stifterverbandes eine Stellungnahme inklusive Handlungshinweise. Basierend auf diesen und unseren eigenen Vorstellungen und Rahmenbedingungen erfolgte die ‚Gründung‘ des Transfer Centers enaCom.
Was sind also die Hauptaufgaben und -ziele von enaCom?
Im Wesentlichen ist das die Unterstützung aller Vorhaben in Punkto Wissens- und Technologietransfer der Universität Bonn in allen Fachbereichen. Das sind neben den traditionellen Transferaufgaben, wie zum Beispiel die Unterstützung von Ausgründungen und Start-up Vorhaben, auch die Evaluierung und die Hebung von Potentialen in Forschungsfrühphasen. Patentmanagement, Lizenzierungen sowie die Unterstützung aller Statusgruppen, also Professor*innen, Wissenschaftler*innen, aber auch Studierende und Angehörige der Verwaltung und akademischen Mittelbaus bei allen Transferfragen und -vorhaben. Dies können neben klassischen Ausgründungen auch die Koordination von Firmenansprachen, Weiterbildungskonzepte, aber auch die Beteiligung an Lehrveranstaltungen einschließen. Unser Ziel ist es, dass enaCom die zentrale Transferstelle der Universität wird, an die sich jeder gerne wendet und wo einem, soweit es unsere Möglichkeiten zulassen, unbürokratisch weitergeholfen wird.
Wo ist enaCom in der Universitätsstruktur angesiedelt?
enaCom ist im Dezernat 7, welches jetzt unter dem Namen "Forschung und Transfer" firmiert, als eigenständige Abteilung 7.4 Transfer Center enaCom angesiedelt.
Wie wird das Transfer-Zentrum finanziert?
enaCom wird aus zentralen Mitteln, aus Exzellenzmittel und Drittmitteln finanziert. Im Dezember 2019 konnten wir 1,4 Mio.€ im Rahmen der EXIST Ausschreibung ‚Potentiale heben‘ vom BMWi einwerben. Diese Mittel fließen explizit in den Ausbau der Gründungsaktivitäten der Universität.
Wo sind Sie räumlich angesiedelt?
Seit Anfang Mai sind wir in der Brühler Straße 7 untergebracht. Aufgrund der Corona-Maßnahmen können wir zwar noch nicht richtig an diesem Standort loslegen, aber dort werden wir neben den Büroräumen für Mitarbeiter auch Co-Working Plätze für Gründerteams in der Frühphase anbieten können sowie Seminarräume für Veranstaltungen. Auch die Hochschulgruppe Science to Start-up (s2s) wird vor Ort sein. Es wird ein ‚offenes‘ Haus sein, wo jede und jeder willkommen sein wird, um über Transferangelegenheiten zu sprechen, ganz ungezwungen.
Mit wie vielen Mitarbeitern gehen Sie an den Start?
Derzeit sind, neben den Mitarbeitern Frau Schuba und Herr Wolf, Herr Impekoven (Leiter des Dezernats 7) und ich um den Aufbau der Abteilung bemüht. Wir haben gerade vier Stellen im Rahmen des EXIST-Programms ausgeschrieben und drei weitere für sogenannte Innovation Scouts werden in der zweiten Jahreshälfte folgen. Darüber hinaus sind wir bemüht, eine geeignete Person für die Abteilungsleitung zu rekrutieren. Das heißt, wir hoffen im nächsten Jahr eine ganze Fußballmannschaft zusammen zu haben.
Wie genau soll die Arbeit der Innovation Scouts nach innen und nach außen aussehen?
Innovation Scouts arbeiten dezentral. D.h., sie werden sehr eng mit Wissenschaftlern der Fakultäten, TRAs und Exzellenzcluster zusammenarbeiten, um Innovationen frühzeitig zu entdecken und mögliche Verwertungsstrategien zu erarbeiten, die in enaCom weiterverfolgt werden. Natürlich in enger Abstimmung mit den beteiligten Wissenschaftlern. Dadurch versprechen wir uns eine signifikante Steigerung von Ausgründungen und anderen Verwertungen von Innovationen die an der Universität Bonn entwickelt werden.
Sie werden durch diese neue Aufgabe sicherlich sehr in Anspruch genommen. Andererseits können Sie hier eine ganz neue und wichtige Struktur schaffen, die die Universität Bonn in den nächsten Jahrzehnten prägen wird. Wie erleben Sie selbst den Spagat zwischen zeitlichem Zusatzaufwand und belebender Pionierarbeit?
Der zeitliche Aufwand ist teilweise groß, aber ich habe den Eindruck, dass es sich lohnt. Wir sind ein tolles Team, mit dem die Arbeit weitestgehend unbürokratisch und zielgerichtet abläuft, und, das ist mir besonders wichtig, Spaß macht. Sicherlich kommt meine eigene Arbeitsgruppe am LIMES-Institut manchmal etwas zu kurz, aber dank elektronischer Hilfsmittel, auch vor Coronazeiten, ist das alles gut zu bewerkstelligen. Ich hoffe, wir können tatsächlich wertvolle Arbeit für die gesamte Universität leisten und ein schlagkräftiges Transfer Center aufbauen. Der Rückhalt durch das Rektorat ist da und die Zeichen stehen gut, dass wir das in den nächsten Jahren auch schaffen.
Kontakt:
Universität Bonn
Abteilung 7.4 Transfer Center enaCom
Brühler Straße 7
53119 Bonn
Transferbeauftragter
Prof. Dr. Günter Mayer
Telefon: +49 (0)228 73-2935
gmayer@uni-bonn.de